Tiefe Zinsen, steigende Volatilität, dazu eine wachsende Korrelation zwischen einzelnen Anlageklassen – das Anlageumfeld ist und bleibt komplex. Ein Fondsmanager nannte es sogar brutal! Wer langfristig attraktive Renditen erzielen will, wird nicht umhinkommen Kursschwankungen zu akzeptieren. So schwer es zwischendrin auch fällt.
Das Jahr 2015 war geprägt von vielen Ereignissen. Wir wollen heute nicht darauf eingehen. Zu oft wurde schon darüber gesprochen. Stattdessen schauen wir nach vorn und wagen eine Blick über den Jahreswechsel hinaus.
Folgende Fragen sollen beleuchtet werden:
- Zinserhöhung in den USA – na und?
- Womit werden wir sicher leben müssen?
- Was können wir nur vermuten?
- Aktien vs. Anleihen – welche Anlageklasse ist die bessere?
- Welche Auswirkungen könnten sich auf die Depots ergeben?
1. Zinserhöhung in den USA
Kommt sie, kommt sie nicht? Sicher ist die Zinserhöhung nicht, aber wahrscheinlich. Die meisten Führungsmitglieder der FED gehen laut der jüngsten Sitzungsprotokolle inzwischen davon aus, dass die Zeit reif ist.
Aufgrund der immensen Verschuldung der USA gibt es jedoch wenig Spielraum für Erhöhungen in größerem Maße. Von einer Wende zu sprechen, wäre nicht angemessen. Laut Definition ist eine Wende eine einschneidende Veränderung oder ein Umbruch. Ist eine einzelne Zinserhöhung also eine Wende? Eher nicht. Auch wenn es in 2016 zu einer zweiten oder dritten Erhöhung kommen sollte, wäre es keine Wende. Wahrscheinlicher ist, dass wir es mit einer gemäßigten Straffung der us-amerikanischen Geldpolitik zu tun haben werden.
Durch eine geldpolitische Straffung sind alle Anlageklassen betroffen. Gold wird (noch) unattraktiver, weil es sich zumindest wieder ein bisschen lohnt, in Anleihen zu investieren. Gleichzeitig könnte der US-Dollar im Außenverhältnis zu anderen Währungen steigen, was den Einkauf des gelben Metalls für alle außerhalb der Eurozone verteuert.
Anleihekurse geraten unter Druck. Die Kurse der heute umlaufenden Anleihen befinden sich auf höchstem Niveau. Steigen die Zinsen, werden die Kupons der in jüngster Vergangenheit emittierten Anleihen unattraktiver und die Kurse fallen.
Auch Aktienbesitzer werden mit Verwerfungen rechnen müssen. Das sollte aber nicht lang anhalten, denn grundsätzlich wäre eine Zinserhöhung für den Aktienmarkt sogar positiv. Einerseits wird damit die Stärke einer Volkswirtschaft angezeigt und andererseits verschwindet dann endlich die Unsicherheit über das Vorgehen der FED. Börsen mögen kein Zaudern, sondern klare Worte.
2. Womit werden wir sicher leben müssen?
Uns werden mit hoher Sicherheit die teils erratischen Schwankungen erhalten bleiben. Das ist unangenehm und nicht leicht zu verarbeiten. Ein Grund dafür ist der immer stärkere werdende Handel über Computer und der Einsatz passiver Instrumenten wie ETF’s, die einen Gleichlauf der Börsen hervorrufen. Darin steckt aber eine große Chance: ETF’s investieren immer in Indices wie den DAX, den Nikkei, den S & P 500 oder auch den Shanghai Composite. Indices sind kapitalgewichtete und künstlich geschaffene Vergleichsmaßstäbe. In ihnen finden sich z.B. Aktien von Unternehmen wie Google und Amazon, deren Makrtkapitalisierung immens ist. Gerade 10 Unternehmen nehmen allein durch ihre schiere Größe schon einen Großteil des S & P 500 ein. In manchen Phasen sind sie die Einzigen, die den Index nach oben treiben. Häufig sind sie dadurch sehr teuer.
Wollen wir Aktien zu überhöhten Preisen kaufen? Nein. Also sind wir immer auf der Suche nach Fonds, die von Menschen geführt werden. Diese suchen und finden Unternehmen die profitabler sind, weniger kosten, möglichst niedrige Schuldenquoten aufweisen und über hohe, regelmäßige Einnahmen verfügen.
Diese Unternehmen bzw. deren Aktien werden von Verwerfungen und Schwankungen natürlich auch berührt. In der Regel fallen sie aber langsamer und weniger stark als der Gesamtmarkt und steigen dafür schneller. Sicher werden Sie damit leben können, dass sich genau solche Akien von den Fonds gehalten werden, die wir finden und einsetzen. Die Zeiten attraktiver Erträge inkl. eines komfortablen Sicherheitsniveaus mit festverzinslichen Wertpapieren oder Spareinlagen sind vorbei. Wenn es an den Aktienmärkten nach unten geht, können das Anleihen selbst erstklassiger Emittenten nicht mehr ausgleichen. Die Risikominderungskomponente dieser Anlageklasse hat ausgedient. Das ist eine unumstößliche Tatsache. Für defensive Investoren ist das die größte Herausforderung in der Nachkriegsgeschichte. Wir kommen also nicht umhin, Risikobudgets nach oben anzupassen.
3. Was können wir nur vermuten?
Niemand kann sagen, in welcher Geschwindigkeit die FED Zinserhöhungen vornehmen wird. Niemand kann sagen, welche Erträge in 2016 mit Aktien/Aktienfonds zu erzielen sind. Wo stehen DAX & Co. am Jahresende? Das sind sinnlose Ratespiele! Daran wollen wir uns nicht beteiligen. Griechenland,Ukraine, Syrien. Ölpreis bei 20 US-Dollar pro Barrel oder bei 80? Wer gewinnt die Wahlen in Frankreich und darf die Türkei ob der aktuellen militärischen Unterstützung des Westens nun doch endlich in die EU? Neue Währung, Schuldenerlasse, militärische Erfolge gegen den IS? Im kommenden Jahr wird alles ein bisschen anders und doch gleich sein. Lassen Sie sich also von medialen Unkenrufen nicht anstecken und konzentrieren Sie sich gemeinsam mit uns auf die langfristig gesteckten Ziele.
4. Aktien vs. Anleihen – welche Anlageklasse ist die Bessere?
Sicher ist, dass mit Anleihen/Anleihefonds keine nennenswerten Kursgewinne mehr zu erzielen sind. Das wird für längere Zeit auch so bleiben. Dementsprechend müssen alle Anleihefonds und Mischfonds mit hohen Anleihequoten auf den Prüfstand gestellt werden. Investments in Aktienfonds sollten im Vordergrund stehen. Wir achten darauf, permanenten Kapitalverlust zu vermeiden. Die eingesetzten Fonds sind von so hoher Qualität, dass man wegen auftretender Schwankungen nicht allzu besorgt sein muss. Wir glauben an das Know How der Manager. Zudem haben wir ausreichende Möglichkeiten Fonds einzusetzen, die über ein Sicherheitsnetz verfügen und ihr Abwärtpotential begrenzen können. Auch wenn es in den USA eine Zinserhöhung gegeben hat, wird das allgmeine Zinsniveau niedrig bleiben. Die Staaten haben schlicht keine andere Möglichkeit. Steigen die Zinsen zu schnell und zu stark, geraten die Staaten an die Grenze ihrer Zahlungsfähigkeit. Auch das ist eine unumstößliche Tatsache.
Die Notenbanken unternehmen alles, um das Vertrauen in ungedecktes Papiergeld zu untergraben. Das größte Risiko dürfte also darin bestehen, nicht am Aktienmarkt investiert zu sein und darauf zu hoffen, das der Zins schon bald wieder einzug hält. Ein teuerer Irrtum! Der Einsatz erstklassiger Aktienfonds wird sich auch in 2016 auszahlen. Allerdings wird man die starken Schwankungen akzeptieren müssen, wenn man nennenswerte Erträge erzielen möchte.
Vor allem Mischfonds, welche ihre Rendite in erster Linie über die steigenden Bondkurse erwirtschaftet haben, stehen unter großem Druck ihre Aktienquote zu erhöhen, was zu einer stärkeren Aktiennachfrage und anhaltenden Ausweitung der Bewertungskennzahlen bei Aktien führen sollte.
5. Welche Auswirkungen könnten sich auf die Depots ergeben?
Umfangreiche strategische Umstellungen zum Ende dieses und Anfang kommenden Jahres, möglicherweise eine steigende Transaktionsfrequenz, höhere Aktienfonds- und geringere Anleihefondsquoten, häufigere Besprechungen zwischen Ihnen und uns. Wahrscheinlich auch konzentriertere Depots, denn es gibt nur wenige Fonds und Fondsmanager, die der neuen Lage gewachsen sind. Cashpositionen könnten perspektivisch zeitweilig höher ausfallen. Sie dienen in sehr ungewissen Phasen dem Schutz eines Depots.
Die Ausschüttungen aus Anleihe- und Mischfonds, sofern sie in dem einen oder anderen Depot aus persönlichen Gründen gehalten werden müssen, könnten sich wegen des niedrigen Zinsniveaus verringern. Verlassen gewohnter Komfortzonen.
Für 2016 darf ein moderates Wirtschaftswachstum in Europa erwartet werden. Während einige Schwellenländer wie Brasilien oder Russland bereits auf sehr niedrigem Niveau verharren und damit geringe Risiken für Überraschungen bergen, ist die potentielle Fallhöhe in China weitaus größer. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die chinesische Regierung noch viel Spielraum für Anreize hat und willens ist, diesen opportunistisch und kurzfristig zu nutzen
Diese Entwicklung hat zur Konsequenz, dass europäische Firmen, vor allem zyklische Unternehmen, ihre Gewinne um bis zu zehn Prozent steigern können. Rückenwind darf man ebenfalls vom tiefen Euro erwarten.
Somit werden europäische Aktien im nächsten Jahr wieder attraktiv sein. Demzufolge sollten sie einen hohen Anteil in den Depots ausmachen.
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